150 tote Fische hat der Fischereiverein Hachinger Grund aus dem Autobahnweiher in Taufkirchen gezogen. Hinter dem mysteriösen Fischsterben steckt die Rücksichtslosigkeit eines Einzelnen.
Taufkirchen/Oberhaching – Was Dieter Häuslmaier gerade erlebt, „hebt alles aus den Angeln“, „so etwas Schlimmes gab es noch nie“, sagt der Vorsitzende des Fischereivereins Hachinger Grund e.V. und zeigt Richtung Wasser. Dort im Autobahnweiher zwischen Oberhaching und Taufkirchen spielt sich gerade ein Drama ab: das große Karpfensterben. Rund 150 tote Fische haben Häuslmaier und seine Kollegen in der letzten Zeit aus dem Weiher gezogen. Schuld daran: die Rücksichtslosigkeit eines Menschen. „Jemand hat drei kranke Koikarpfen im Weiher ausgesetzt“, sagt Häuslmaier. Mit ihrem Virus haben sie die anderen Karpfen im Weiher infiziert, die nun an der Koi-Herpesvirus-Infektion zugrunde gehen. „Wir rechnen mit etwa 90 Prozent Ausfall bei den Karpfen“, sagt Häuslmaier. Bitter: Werden neue Karpfen eingesetzt, dauert es etwa 15 bis 20 Jahre bis sie die Größe der Fische erreichen, die jetzt gestorben sind.
Der dritte infizierte Koikarpfen schwimmt noch immer im See
Doch an neue Fische ist derzeit gar nicht zu denken. Zwei der Koikarpfen haben die Fischer schon erwischt. Der dritte schwimmt noch immer im See. Das Landratsamt hat eine Gewässersperre verhängt. Kein Fisch darf geangelt werden. „Und das auf unabsehbare Zeit“, sagt Häuslmaier. Am effizientesten wäre es, das Wasser komplett abzulassen und den Teich für vier bis sechs Wochen trocken zu legen. Doch der Weiher ist ein Biotop, befindet sich mitten im Landschaftsschutzgebiet. Da das Gewässer von Quellen gespeist wird, ist ein Ablassen nicht möglich.
Weiher sollte eine Oase zum Angeln sein
Den Schaden schätzt Häuslmaier zwischen 10 000 und 15 000 Euro. „Eine unglaubliche Zahl für einen kleinen Verein wie uns.“ Gerade mal 35 Vollmitglieder und fünf Jugendliche hat der Verein. Seit 1971 hat dieser den Weiher und das Gelände drumherum gepachtet. Entstanden ist er, als 1970 die Autobahn gebaut wurde. Dafür war Kies entnommen worden. Tief hatte man in den Boden gegraben und dabei Quellen aufgerissen, die bis heute den Weiher speichern. Das Straßenbauamt Süd verpachtete das Gelände an den Fischerverein. Für ihn sollte es vor allem eins sein: eine Oase zum Angeln. Doch die Realität sieht mittlerweile anders aus. Der Verein kümmert sich nicht nur um den See, auch der Rasen drumherum muss gemäht, Bäume gestutzt werden.
Illegale Grillfeiern, weggeworfener Müll, überfütterte Enten

Und dann gibt es da diese Leute, die es einfach nicht interessiert, dass sie sich in einem Landschaftsschutzgebiet befinden. Illegale Grillfeiern sind an der Tagesordnung. Am Parkplatz entsorgen Leute ihren Müll, den dann der Wind ins Wasser weht. Andere kippen kiloweise Brot ins Wasser. „Die Enten sind total überfüttert und verkoten den Weiher zunehmend“, sagt Häuslmaier. „Spricht man Leute auf ihr Fehlverhalten an, wird man auch noch angefeindet.“ Viele kommen auch zum Baden an den Weiher – und lassen sich davon auch von toten Fischen nicht abhalten. Mit ihrer dicken Schicht Sonnencreme sorgen sie für eine weitere Verunreinigung des Wassers. „Leider können wir nichts dagegen tun“, sagt Häuslmaier. Schilder mit „Baden verboten“ darf er nicht aufstellen.
Ganze Wohnzimmer wurden hier schon entsorgt
Ein weiteres Problem: Im tiefen Wasser landen immer wieder Dinge, die dort nicht hingehören: „Ganze Wohnzimmer wurden hier schon entsorgt“, sagt Häuslmaier. Daneben jede Menge an Tresoren und Einbruchswerkzeug. Vor allem im kleinen der beiden Weiher Richtung Taufkirchen, der nah an der Straße liegt, wird vieles einfach abgekippt. „Die Polizei ist da überfordert“, sagt Häuslmaier. Sie fahre zwar immer wieder Patrouille, gerade an schönen Sommerabenden, doch dafür sei auch nicht ständig Zeit.
Entsorgt werden auch viele Tiere – wie eben die Kois. „Schildkröten, Schlangen, weiße Mäuse – alles, was die Leute daheim nicht mehr haben wollen, setzen sie hier bei uns aus.“
Veterinäramt ist eingeschaltet
Wie es nun weitergeht, ist unklar. Häuslmaier steht in ständigem Kontakt zum Veterinäramt im Landratsamt und zur Fischereiberatung Oberbayern. Den dritten Koi-Karpfen will er auf jeden Fall bald erwischen. Erst wenn alle vom Virus befallenen Fische aus dem Weiher verschwunden sind, gibt es eine Chance. Das Virus selbst bleibt ohne Wirt maximal 14 Tage im Wasser aktiv. Infizierte Fische (Wirte), können den Virus bis zu zwei Jahre tragen, ohne dass es zu einem Ausbruch der Infektion kommt. Erst nach zwei Jahren kann man also vom Ende der Ausbruchsgefahr ausgehen.
Die Suche nach dem Täter, der die Koi-Karpfen ausgesetzt hat, will Häuslmaier nicht so schnell aufgeben. Er hat Strafanzeige gestellt und hört sich gerade bei Tierärzten in der Gegend um, ob jemand vor Kurzem seine Koi-Karpfen hat untersuchen lassen. Leute, die etwas beobachtet haben, das mit der Tat in Zusammenhang steht und die Hinweise auf den Täter geben können, bittet Häuslmaier sich bei ihm (www.hachinger-grund.de) oder der Polizei zu melden. Wer den Verein in dieser schweren Situation mit einer Spende unterstützen möchte, findet dort auch die entsprechenden Kontaktdaten.